Wer hat das Telefon erfunden?

Frühe Darstellung eines Telefons: Bild aus Seite 809 in „Die Gartenlaube“ von 1863.

Bei vielen großen Erfindungen ist es gar kein Problem, den jeweiligen Erfinder zu nennen. James Watt hat die Dampfmaschine erfunden, Nicolaus Otto den gleichnamigen Ottomotor und Johannes Gutenberg den Buchdruck. Die Frage nach dem Erfinder des Telefons führt aber oft eher zum einem Stirnrunzeln, obwohl diese Erfinden noch gar nicht so lange zurückliegt und später erfolgte als beispielweise der Buchdruck.

Befragt man Google nach dem Erfinder des Telefons, steht dort ein großer Hinweis auf Alexander Graham Bell. Dessen Name ist tatsächlich eng mit den ersten Telefonen verknüpft, wer sich aber nur auf Google verlässt, sitzt möglicherweise einem Irrtum auf, denn die Geschichte um die Entwicklung der ersten Telefone ist komplexer als es den Anschein hat und zieht sich über zwei Kontinente.

Mittlerweile gehen die Historiker davon aus, dass an der Erfindung des Telefons vier verschiedene Personen beteiligt sind, die teilweise unabhängig voneinander arbeiten, teilweise sogar in heftige juristische Auseinandersetzungen gerieten:

  • Antonio Meucci
  • Johann Philipp Reis
  • Alexander Graham Bell
  • Elisha Gray

Antonio Meucci schaffte es bereits 1860, Töne durch elektrischen Strom zu übertragen. Allerdings gab es bei seiner Technik noch kein wirkliches Mikrofon und auch keinen direkten Lautsprecher. Entscheidende Teile eines Telefons fehlten daher. Dazu hatte Meucci finanzielle Schwierigkeiten und konnte die Summen für die Anmeldung zum Patent zu dieser Zeit nicht aufbringen. Später klagte er dann gegen Bell und dessen Erfindung aber auch hier hatte er kein Glück: die Prozesse verschlangen hohe Summen an Geld, aber brachten weder eine Entschädigung noch eine erfolgreiche Anfechtung des Patents auf das Telefon durch Bell.

Johann Philipp Reis (* 7. Januar 1834 in Gelnhausen, Kurfürstentum Hessen; † 14. Januar 1874 in Friedrichsdorf)

Diese Elemente finden sich zum ersten Mal bei Johann Philipp Reis 1861. Die Apparate von Reis hatten ein selbst erfundenes Mikrofon und auch einen Lautsprecher und die Töne wurden elektrisch zwischen den Apparaten übertragen. Seine Geräte bestanden daher aus den Komponenten, die später ein Telefon ausmachten und er nannte diese Apparate auch zum ersten Mal Telephon. Die ersten Geräte dieser Art entwickelte Reis bereits seit 1858, aber erst 1861 wurde ein solches Gerät der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit dem Satz „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“ demonstrierte er die Funktionsfähigkeit der Geräte und konnte die anwesenden Fachleute überzeugen. Allerdings war die Verbindung nicht sehr stabil und wenig effizient, daher sah man zu dieser Zeit noch kaum Potential in der Möglichkeit, das gesprochene Wort über größere Entfernung zu übertragen. Reis ging bei seiner öffentlichen Vorführungen der neuen Technik daher auch dazu über, in erster Linie Musik zu übertragen, da diese qualitativ besser wieder gegeben wurde. Angeblich wurde zur Vorführung immer „Muss i denn zum Städtele hinaus…“ zum Besten gegeben.

Später wurde aufgrund von diesen Schwankungen in der Übertragungsqualität teilweise behauptet, die Geräte von Reis wären gar nicht in der Lage gewesen, tatsächlich Sprache zu übertragen. Das waren aber teilweise Schutzbehauptungen – mehr dazu weiter unten im Text.

Der frühe Tod von Philipp Reis war auch eine Zäsur für das Telephone – er konnte seine Erfindung also nicht weiter verbessern. Dazu hatte er an sich auch während der Entwicklung kein größeres Interesse an einer kommerziellen Verwertung des Telephons. Für ihn war es wichtiger die Grundprinzipien zu demonstrieren und umzusetzen. Er baute allerdings eine ganze Reihe von Geräten nach seinem Prinzip und diese wurden weltweit vorgeführt. Am 14. Januar 1874 starb Philipp Reis an Tuberkulose – die Patentierung seiner Idee durch Bell erlebte er also nicht mehr mit.

Alexander Graham Bell (* 3. März 1847 in Edinburgh, Schottland; † 2. August 1922 in Baddeck, Kanada)

Eines dieser Geräte kam unter anderem in den Besitz von Alexander Graham Bell. Dazu hatte Bell auch Unterlagen von Meucci und einige dessen Geräte (die Meucci aufgrund einer schweren Erkrankung abgeben musste). Ab 1875 soll auch Bell einen eigenen Prototyp eines Telefons genutzt haben, der im Wesentlichen auf der Technik von Reis beruhte. Am 14. Februar 1876 reichte Bell einen eigenen Patentantrag für einen Telefonapparat ein und bereits am 7. März des gleichen Jahres bekam er ein entsprechendes Patent zugeschrieben. Kritiker führen aber an, dass das Patent von Bell eher vage war und es wohl nicht möglich gewesen wäre, allein aufgrund des Patents ein funktionsfähiges Telefon zu bauen. Tatsächlich enthielten die ersten Geräte von Bell in der Praxis dann weitere Komponenten, die nicht im Patent zu finden waren.

Dazu kam ein weiterer Punkt: ebenfalls am 14. Februar 1876 – nur zwei Stunden nach Bell – reichte Elisha Gray ebenfalls einen Patentantrag für ein Telefon ein.  Angeblich gab es zu dieser Zeit auch noch weitere Anträge auf Patente (angeblich auch einen Antrag von Edison höchstpersönlich), aber Bell konnte sich durchsetzen und bekam nach erstaunlich kurzer Zeit das Patent am Telefon zugesprochen.

Er gründete zur Vermarktung die Bell Telephone Association und es begann ein sehr schneller Aufstieg dieses Unternehmens. Allerdings wurde die Konkurrenz schnell hellhörig als sich abzeichnete, dass man mit dem Telefon durchaus Geld verdienen konnte. Anfangs hatten sich die anderen Wettbewerber wenig darum gekümmert, das Bell das Patent zugesprochen bekam, aber als sich auch ein wirtschaftlicher Erfolg einstellte, wurde man aktiv. Die Bell Telephone Association musste insgesamt um die 600 Prozesse führen und am Ende konnte man sehr deutlich darlegen, dass das erste Patent auf das Telefon auch das einzige war.

Die ehemalige Bell Telephone Association ist unter dem Namen AT&T in den USA und auch darüber hinaus weiterhin aktiv.

Comparison of the illustration of the telephone in Alexander Graham Bell’s diaries and Elisha Gray’s patent application. March 1876

Wann wurde das Telefon erfunden?

Es ist sehr schwer zu klären, WER nun als definitiver Erfinder des Telefons gelten kann und daher ist auch der Zeitpunkt für die Erfindung des Telefons nicht ganz so eindeutig zu bestimmen. Der zeitliche Ablauf sieht dabei wie folgt aus:

  • Antonio Meucci veröffentlichte 1860 Details zu einem Gerät, das in der Lage war, Töne mittels elektrischem Strom zu übertragen
  • Johann Philipp Reis präsentierte am 26. Oktober 1861 einen Apparat zur Übertragung von Sprache mittels Strom und dieser hatte bereits die bekannten Komponenten eines Telefons.
  • Sowohl Graham Bell als auch Elisha Gray reichten am 14. Februar 1876 ein Patent für ein Telefon ein.
  • Am 7. März 1876 bekam Graham Bell das Patent auf das erste Telefon zugesprochen.

Wer Reis als Erfinder des Telefons ansieht wird daher bereits 1861 von der Erfindung des Telefons sprechen. Wer Bell dagegen eher als Mann hinter dem Telefon vermutet, wird sicher erst 1876 als Zeitpunkt der Erfindung des Telefons angeben.

Ein Nachbau des Bell ‚Gallows‘ Telefon von 1877 aus dem Museum der Kommunikation in Pleumeur-Bodou. BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1336650

Reis störte im Patentstreit in den USA

Ein Grund, warum Reis kaum Erwähnung findet, mag darin begründet liegen, dass seine Technik eine ernsthafte Gefahr für das Patent von Bell gewesen wäre. Der jahrelange Streit vor den Gerichten in allen Instanz en in den USA dreht sich vor allem um das Patent und wahrscheinlich wäre Bell kein Patent zugesprochen worden, wenn die Erfindung von Reis schon bekannter gewesen wäre. Es war für die Aufrechterhaltung des Patents lebenswichtig, die Technik und Geräte von Reis als funktionsunfähig oder schlecht hinzustellen um auf diese Weise sicherzustellen, dass die nicht als Telefone anerkannt wurden – 15 Jahre vor Bell es sich hatte patentieren lassen.

Angeblich wurden auch Nachbauten der Geräte von Reis jahrelang unter Verschluss gehalten, weil man mit diesen hätten zeigen können, dass Telefonieren damit qualitativ hochwertig möglich war.

Unabhängig vom rechtlichen Standpunkt: Alexander Graham Bell ist es zu verdanken, dass  Telefone ein wirtschaftlicher Erfolg wurden und er hat die Technik so weiter entwickelt (bzw. weiter entwickeln lassen), dass sie ihren Siegeszug über die Welt antreten konnte.

Das Patent für das Telefon für Graham Bell von 1876. Allerdings galt dieses Patent nicht für den deutschen Markt.

Wer ist denn nun der Erfinder des Telefons?

Legt man technische Maßstäbe an hat Philipp Reis mit seinem Telephone an sich alle Entwicklungen vorweg genommen, die man auch bei späteren Geräten findet und er hat dazu öffentlich und vor Zeugen zeigen können, wie man das gesprochene Wort mit Elektrizität überträgt. Er hat dazu wichtige Entwicklung im Bereich des Mikrofons gemacht. Der Erfinder der Technik des Telefons ist damit unzweifelhaft Philipp Reis.

Alexander Graham Bell schaffte es dagegen, das erste Patent auf ein Telefon zu bekommen und er ist der Mann hinter dem kommerziellen Erfolg des Telefons. Sein Verdient bestand vor allem darin, das Potential dieser Form der Telekommunikation erkannt zu haben und dazu hat er dafür gesorgt, dass dieses Potential in die Praxis umgesetzt wurde. In der Zeit vom ersten Patent 1875 bis zum Tode von Bell 1922 wurden in den USA mehr als 14 Millionen Telefonanschlüsse in Betrieb genommen. Das Land veränderte sich durch die neue Technik deutlich und daran hat Bell großen Anteil.

Die Rolle der Elektrizität

Man sollte bei der Erfindung des Telefons nicht ganz außer Acht lassen, dass diese Technik maßgeblich von der Verbreitung des elektrischen Stroms beeinflusst wurde. Es gab auch davor bereits Versuche, Nachrichten beispielsweise zu telegrafieren und andere Formen um Nachrichten über größere Entfernungen zu transportieren.

Aber erst der Strom machte es möglich, dass gesprochene Wort über viele Meilen weiter zu verbreiten und damit wären alle modernen Formen der Telekommunikation ohne die grundlegenden Forschungen und Entwicklungen im Bereich der Elektrizität nicht möglich gewesen.